Autobahnausbau: Ein Blick ins 22. Jahrhundert oder pure Nostalgie?
Diese Woche trudelten die Abstimmungsunterlagen ein, und diesmal stehe ich tatsächlich vor einer Herausforderung. Normalerweise entscheide ich nach ein paar Minuten – meist aus dem Bauch heraus. Je reisserischer eine Kampagne, desto mehr gehe ich auf Distanz (Sorry, SVP). Doch beim Thema Autobahnausbau sieht’s etwas anders aus. Da bin ich wirklich hin- und hergerissen.
Auf der einen Seite rufen wir bei Sponti-Car lauthals nach einer vernetzten, multimodalen, klimaneutralen Mobilität. Weniger eigene Autos, mehr öffentlicher Verkehr und Fahrradwege. Klingt super, oder? Aber dann kommt die Kehrseite – nämlich der tägliche Wahnsinn auf den Strassen. «es schleckt kei Geiss weg»: Unsere Autobahnen sind überlastet, stammen aus dem letzten Jahrtausend und haben einfach zu wenig Kapazität für den ganzen Verkehr.
Wie Albert Rösti gestern in der Arena bei Sandro Brotz sagte: «Denn der Verkehr ist jetzt schon da»
Doch was passiert bei einem Ja zum Ausbau am 24. November 2024?
Erstmal: nichts. Die Betonmischer kommen jedenfalls nicht am Montag angerollt. Es dauert Jahrzehnte, bis so ein Projekt wirklich losgeht. Wir haben vor uns: Planung, Bewilligungen, Rekurse, Gerichtsurteile und dann… irgendwann den Bau. Das heisst, bis dahin bleibt der Stau uns treu, und während sich die Welt weiterdreht, wächst der Verkehr weiter. Und bis die Erweiterung endlich fertig ist, könnte es sein, dass die Autobahn selbst schon veraltet ist – vielleicht brauchen wir dann Flugspuren für Flugtaxis oder wir können uns ganz einfach hin und her Beamen (Beam me up, Scotty)
Im Gegensatz zu Stahl und Beton entwickeln sich Technologien nämlich blitzschnell. Während wir noch überlegen, wie viele Spuren pro Richtung nötig sind, vor Gericht rekurrieren und uns über routenführen streiten, hat irgendwer vielleicht schon die nächste grosse Erfindung gemacht.
Aber was könnte man stattdessen tun?
Wie wär’s mal mit einem Update der regulierenden Rahmenbedingungen? Geht schneller, kostet oft weniger und könnte den Verkehr heute schon beeinflussen. Hier ein paar Vorschläge:
– Road-Pricing statt Steuerpauschale: Wer den Gotthard runter will, zahlt je nach Strecke und Tageszeit. So wird der Feierabendverkehr zum Premium-Erlebnis.
– Transitabgaben: Wenn schon LKWs die Schweiz durchqueren, könnten sie wenigstens mehr zahlen, statt die teuer gebaute NEAT links liegen zu lassen.
– Ride-Pooling: Bonuspunkte für alle, die nicht solo im Auto sitzen – spart Platz auf den Strassen und fördert die sozialen Kontakte für die wir dank «Social Media» zu wenig Zeit haben.
– City-Maut: Wer sich partout in die Stadt quetschen will, obwohl es einen erstklassigen ÖV gibt, zahlt extra. Vielleicht lässt sich der eine oder andere doch zur Bahn bekehren.
– Grosse Autos – grosse Kosten: Dicke SUVs, übermotorisierte Limousinen? Teurer machen.
– Vergünstigtes GA für autofreie Haushalte: Ein Anreizsystem, das echtes Umdenken belohnt.
Man könnte tatsächlich so viel tun – und zwar schneller und flexibler als mit einem Autobahnausbau, der fertig ist, wenn wir alle längst in Drohnen-Taxis unterwegs sind. Also, was ist die richtige Entscheidung? Die wird sicher nicht leicht, aber ein paar neue Ansätze und ein bisschen Kreativität können sicher nicht schaden